Die Aussaat reifer Samen

Bei der Aussaat von reifen Samen wartet man solange bis sich die Samenkapsel der Orchidee von selbst öffnet und die Samen freigibt. Sobald die Kapsel aufspringt schneidet man die Kapsel ab und schüttelt die losen Samen heraus (z.B. auf ein Stück Papier). Die Samen müssen vor dem Aufbringen auf den Nährboden von Verunreinigungen (z.B. Stücke der Kapsel, Pollenschläuche, ...) befreit und anschließend sterilisiert werden.

notwendige Geräte und Utensilien

notwendiges Verbrauchsmaterial

Vorteile von reifen Samen

  • sie können im Kühlschrank aufgehoben werden

Nachteile von reifen Samen

  • höhere Kontaminationsgefahr als bei der Aussaat aus grünen Kapseln
  • etwas aufwendiger zu Sterilisieren als grüne Samenkapseln
  • man muss die komplette Reifedauer der Kapsel abwarten

Sterilisieren des Filterpapiers und des destillierten Wassers

Kontaminationsfreies Filterpapier erhält man, indem man Filterpapier (z.B. Kaffeefilterpapier) in Alufolie wickelt und sie gemeinsam mit den Nährböden sterilisiert (siehe "Herstellen der Nährböden). Um steriles destilliertes Wasser zum Spülen der Samen zu bekommen, füllt man die benötigte Menge destilliertes Wasser in ein verschraubbares Glas, legt den Deckel lose auf das Glas und deckt den Deckel mit Alufolie ab. Das Glas kann ebenso mit den Nährböden im Druckkochtopf sterilisiert werden.

Herstellen der Desinfektionslösung

Zum Sterilisieren von trockenen Orchideensamen hat sich eine Chlorlösung mit einer Konzentration von 0,14% Natriumhypochlorit bewährt. Um von der hochkonzentrierten Lösung (z.B. 2,8% bei DanKlorix) eine gebrauchfertige Lösung mit 0,14% zu erhalten, muß die hochprozentige Lösung mit destilliertem Wasser verdünnt werden. Mit der untenstehenden Formel kann man auf einfache Weise errechnen, wieviel hochprozentiger Chlorlösung für eine bestimmte Menge 0,14% Chlorlösung benötigt wird.

Beispiel:

gewünschte Menge 0,14% Chlorlösung: 100ml
Konzentration der hochprozentigen Lösung: 2,8%

Formel: Mengehochprozentig = (Mengegesamt * Konzentrationniedrig) : Konzentrationhoch = (100ml * 0,14%) : 2,8% = 5ml

In diesem Bespiel müsste man 5ml DanKlorix in ein Becherglas geben und mit destilliertem Wasser auf 100ml auffüllen, damit diese 100ml eine Konzentration von 0,14% haben.

Damit die Deskinfektionslösung die Samen vollständig benetzen kann, fügt man einen Tropfen Spülmittel zur Chlorlösung hinzu.

Vorbereiten des Arbeitsplatzes

Bei der hier beschrieben Methode wird eine sterile Werkbank benutzt. Weitere Informationen zur Funktion und zum Bau einer sterilen Werkbank gibt es hier. Auf dem folgenden Foto ist unsere Werkbank und alle nötigen Utensilien zu sehen. Die Anordung wurde für einen Rechtshänder optimiert. In der Werkbank sollten sich so wenige Gegenstände wie möglich befinden, um die möglichen Kontaminationsquellen gering zu halten.

steriler Arbeitsplatz
steriler Arbeitsplatz

Da der Arbeitsbereich in der sterilen Werkbank mit Pilzsporen und Bakterien in Kontakt kommt sobald die Werkbank ausgeschalten ist, muss man nach dem Einschalten der Werkbank den Arbeitsbereich mit einem mit 70% Ethanol getränktem Küchentuch reinigen. Den Filter selbst (gitterartige Fläche im Foto) sollte man dabei aber nicht abwischen! Alle Werkzeuge (Pinzetten, Skalpelle usw.) werden zum Sterilisieren in die Flasche mit dem 70% Ethanol gestellt. Jetzt kann man mit dem Desinfizieren der Samenkapsel beginnen.

Desinfektion von reifen Samen

Zuerst befüllt man eine saubere Eprouvette zur Hälfte mit der Chlorlösung. In die Lösung gibt man eine Messerspitze voll Samen und verschließt die Eprouvette wasserdicht mit Parafilm oder einem Gummistoppel.

verschlossene Eprouvette
verschlossene Eprouvette

In den nächsten 15 Minuten bewegt man die Eprouvette immer wieder um sicherzustellen, dass alle Samen mit der Chlorlösung in Kontakt kommen.

Während sich die Samen in der Desinfektionslösung befinden, sollte man den Glastrichter mit einem in 70% Ethanol getränktem Wattepad reinigen und in den sterilen Arbeitsbereich der Werkbank bringen. Das zuvor sterilisierte Filterpapier gibt man mit einer abgeflammten Pinzette in den Trichter. Mit der Pipette, die sauber aber nicht keimfrei sein muss, befeuchtet man das sterile Filterpapier mit etwas Chlorlösung, so bleibt es besser am Glastrichter haften. Neben dem Filter wird auch noch die Glaspetrischale als Ablagefläche benötigt. Die Petrischale wird gereinigt und mit einem in 70% Ethanol getränktem Wattepad abgewischt. Die so gereinigte Petrischale legt man im Arbeitsbereich ab.

Glastrichter mit sterilem Filterpapier
Glastrichter mit sterilem Filterpapier

Aufbringen der Samen

Alle Schritte müssen im Arbeitsbereich der sterilen Werkbank durchgeführt werden. Offene Gefäße mit Nährböden und deren Verschlüsse dürfen den Arbeitsbereich nicht verlassen.

Nachdem sich die Samen für eine viertel Stunde in der 0,14% Chlorlösung befunden haben, bringt man die Eprouvette in den sterilen Arbeitsbereich, öffnet die Eprouvette und gießt deren Inhalt in den Glastrichter. Damit nicht zu viele Samen am Eprouvettenrand haften bleiben, sollte man die Eprouvette unmittelbar vor dem Ausgießen etwas wegen, so verteilen sich die Samen in der Desinfektionslösung. Jetzt wartet man, bis die Chlorlösung abgeflossen ist.

Glastrichter mit Samen
Glastrichter mit Samen

Damit der Rest der Chlorlösung, der an den Samen haftet, entfernt wird, muss man die Samen mit sterilem destillierten Wasser spülen. Dazu nimmt man das Gefäß mit dem zuvor sterilsiertem dest. Wasser, öffnet es im sterilen Arbeitsbereich und gießt davon etwas in den Glastrichter. Wichtig dabei ist, dass man das sterile Wasser so in den Trichter gießt, dass sich die Samen am tiefsten Punkt des Trichters sammeln. So kann man sie im nächsten Schritt ganz leicht mit einer Pinzette fassen.

Glastrichter mit gewaschenen Samen
Glastrichter mit gewaschenen Samen

Im nächsten Schritt nimmt man das Filterpapier mit einer abgeflammten Pinzette aus dem Trichter und breitet das Filterpapier auf der Petrischale aus.

Filterpapier auf Petrischale
Filterpapier auf Petrischale

Jetzt öffnet man im sterilen Arbeitsbereich ein Gefäß mit Nährboden, nimmt mit einer abgeflammte Pinzette paar Samen auf und verteilt diese auf der Nährbodenoberfläche. Auf dem folgenden Foto ist eine Eprouvette mit dem Nährboden und den darauf befindlichen Samen zu sehen.

Samen auf dem Nährboden
Samen auf dem Nährboden

Einige Tipps:

Aufstellen der Kulturgläser

Die Kulturgefässe sollten möglichst hell und warm (ca. 20 - 25 Grad) stehen. Es ist darauf zu achten, dass die Gläser keiner direkte Sonne ausgesetzt werden, weil dadurch die Temperatur im Inneren zu sehr ansteigt und möglicherweise die Pflanzen vernichtet. Weiters sollte der Ort keinen starke Temperaturschwankungen (z.B. beim Lüften am Fensterbrett im Winter) ausgesetzt sein, weil es dadurch zu Druckänderungen in den Gläsern kommen kann und unter Umständen Luft in das Glas gesaugt wird. Wir stellen unsere Kulturgläser zwischen den Orchideen am Fensterbrett und unter Kunstlicht auf. Als Beleuchtung verwenden wir T5 Leuchtstofflampen mit der Lichtfarbe 865 und zusätzlichem Reflektor. Die T5-Lampen benötigen im Vergleich zu den oft verwendeten T8-Lampen weniger Energie und geben auch weniger Wärme ab.

unser Fensterbrett unter Kunstlicht
in vitro Kulturen auf dem Fensterbrett und unter Kunstlicht

Autor: Thomas Ederer